Die deutsche Sprache ist eine schöne, manchmal auch schwierige Sprache. Schon feine Unterschiede lassen das Gesagte oft in ganz anderem Licht erscheinen, indem Bedeutung und Gewicht eine völlig andere Gestalt annehmen. Auch gibt es Momente, da sagt man etwas, ohne eine wirkliche Aussage zu machen. Jedenfalls fällt mir so etwas immer ein, wenn ich an meinen Freund Rudi aus der »Moshaw En Vered« (eine Dorfgemeinschaft in Israel) denke.
Wie ein König saß er auf seinem Traktor, als wir uns zum ersten Mal trafen. Gleich musste ich mit ihm nach Hause gehen zu seiner Frau Dolly. Beide waren 1934 dem Nazi-Terror noch entkommen. Wie einen Sohn nahmen sie mich auf; aber wenn wir über den Glauben sprachen, war »höfliche Funkstille«, obwohl Dolly oft »So Gott will« sagte, oder »Könnte doch nur mal ein anderes Volk Gottes Volk sein«. Morgens beim Frühstück, ich aß übrigens zum ersten Mal in meinem Leben Avocados, unterbrachen sie ihr Gespräch, wenn ich Gott still für die Gaben dankte.
Am nächsten Morgen dann, wieder am Frühstückstisch, frage Rudi: »Willst du was sagen?« Einen Augenblick stutzte ich überrascht, aber dann wurde mir schnell klar, dass ich laut beten sollte. Dankbar durfte ich Gott alles sagen, was mein Herz bewegte. Ich dankte ihm dafür, dass der Messias Israels auch mein Herr sein darf und brachte die schicksalhafte Verbundenheit der Deutschen mit dem Volk Gottes, mit Israel, zum Ausdruck. Meine neuen Freunde blieben in Glaubensfragen weiterhin auf höflicher Distanz, trotzdem entstand bei mir der Eindruck eines Fragens nach Gott im tiefsten Innern der Beiden. Gerhard Schwabe