Denn die Berge mögen weichen und die Hügel wanken, aber meine Gnade wird nicht von dir weichen und mein Friedensbund nicht wanken, spricht der HERR, dein Erbarmer.
Jesaja 54,10
Ohne Voranmeldung brach die Katastrophe über die Stadt herein: Am 1. November 1755 wurde Lissabon von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Eine 20 m hohe Tsunami-Welle und anschießende Brände zerstörten die Stadt zu 85 %. Ca 60.000 Menschen starben.
Diese Tragödie, die als eine der schwersten Naturkatastrophen der europäischen Geschichte gilt, war damals in aller Munde. Bekannte Philosophen der Zeit, allen voran Kant und Voltaire, setzten sich in ihren Publikationen mit dem Unglück auseinander. Auch fromme Menschen fragten sich, wie ein gütiger Gott ein so schweres Unglück zulassen konnte. War er vielleicht gar nicht gut? Oder nicht mächtig genug, die Natur zu zähmen? Viele verwirrte es, dass das Beben ausgerechnet an Allerheiligen passiert war und dass die meisten Kirchen fast vollständig zerstört wurden, während das Rotlichtviertel Lissabons weitgehend intakt geblieben war. Zeigten diese Tatsachen nicht, dass es Gott gar nicht gab? Andere suchten Gott gerade in der Not, weil sie sich bewusst wurden, wie verwundbar und endlich auch ihr eigenes Leben war.
Katastrophen zeigen uns, dass menschlicher Stolz und die Vorstellung, alles im Griff zu haben, völlig fehl am Platz sind. Tatsächlich kann ein kleiner Virus oder eine geringfügige Verschiebung von Erdplatten unser Leben von jetzt auf gleich beenden. Auch gläubige Menschen werden nicht unbedingt vom Leid verschont. Doch Leid muss nicht das Ende des Glaubens bedeuten. Auch wenn wir Gottes Handeln nicht immer verstehen, ist er doch der Einzige, an den wir uns in der Not wenden können. Wenn alles wankt und fällt, bleibt Gott die einzig verlässliche Größe. Er verspricht, dass seine Gnade mit denen bleibt, die ihm vertrauen - auch inmitten einer Katastrophe und sogar über den Tod hinaus.
Elisabeth Weise