Adler sind scheußliche Viecher. Sie werfen ihre zitternden, hilfeschreienden Kinder einfach über den Nestrand in die schreckliche Tiefe. Warum machen sie das? Die Jungen sollen fliegen lernen, und das versuchen sie dann auch nach Kräften, allein schon aus Angst. Aber dann, wenn sie nicht mehr flattern können, stürzen sich die Alten hinab und fangen ihre Kinder mit dem Rücken auf und tragen sie ins Nest zurück.
Wenn wir fragen, warum Gott seine Leute oft unverständlich raue Wege führt, dann hat das den gleichen Sinn. Gott erreicht dadurch bei uns zwei wesentliche Erkenntnisse, ohne die niemand zu geistlicher Reife gelangen kann.
1. Wir sollen erfahren, wie hilflos wir sind, wenn wir auch nur einen Augenblick den sicheren Nestrand der bewahrenden Gnade Gottes verlassen müssen. Sofort merken wir, wie wenig Kraft wir besitzen, die Verhältnisse zu ändern, und wie armselig es um unseren Glauben bestellt ist und wie wenig Halt uns diese Welt der eingefleischten Egoisten zu geben bereit und in der Lage ist.
2. Wir sollen lernen, auf Gott zu vertrauen, der versprochen hat, uns »auf Adlersschwingen« zu tragen. Er kann die uns so unüberwindlich erscheinenden Gefahren in einem Augenblick beseitigen. Und wenn er das im Augenblick gerade nicht tut, dann will er uns Kraft und Mut geben. So wachsen unsere geistlichen »Muskeln« und wir werden stärker im Glauben.
Das haben Millionen von Menschen im Lauf der Geschichte erfahren. Dazu kann man nur empfehlen, das 11. Kapitel des Hebräerbriefes zu lesen. Und der Gott, der ihnen geholfen hat, will auch uns in seiner Liebe tragen – wie ein Adler seine Jungen.
Hermann Grabe