Unser Garten ist in unserer Wohngegend etwas besonderes. Zu bestimmten Zeiten strömen die Kinder der Nachbarschaft zusammen und stehen Schlange. Alle wollen auch ihre »Gelbe Rübe« (Möhre) abbekommen. Wir haben nämlich einen Gemüsegarten und die Kinder bekommen selber gezogene Möhren direkt vom Beet, im Regenwasserfass gewaschen, rot-gelb und süß.
Wenn ich so am Regenwasserfass stehe und die Früchte für die wartenden Mäuler nicht schnell genug von Laub und Schmutz befreien kann, überkommt mich tiefe Dankbarkeit. Dankbarkeit für das Wunder des Wachsens und Gedeihens, das ich hautnah hier im Garten am Gemüse und an den fröhlichen Kindern vor mir erleben und genießen darf.
Ja, auch der Salat von Aldi und die Erbsen vom Lidl, das Obst vom Bodensee und Eier von den freilaufenden Hühnern gäbe es nicht, wenn da nicht irgendwo ein Stück Land wäre. Ein Stück Land, in das wie in meinem Garten Samen hineingelegt worden wäre. Und immer war dann die Spannung da, ob überhaupt etwas wachsen würde. Zuerst sah man nur grüne Spitzen, dann kleine Pflänzchen, später begann man das schöne gelb-rot am Fuß der Blätter zu sehen. Ich konnte nur die Randbedingungen für Wachstum schaffen: Säen, gießen und jäten. Doch gewachsen sind die Möhren ohne mein Zutun.
Wie gut meint Gott es mit uns! In unserem Land gibt es fruchtbaren Boden und genug Regen. Regelmäßig schenkt er uns einen vollen Tisch, keines unserer Kinder muss hungrig wieder vom Tisch aufstehen. Sind wir noch dankbar für die Fülle in der wir leben, für dieses Wunder des Wachsens und Gedeihens? Es könnte nämlich auch einmal anders kommen!
Gerhard Kimmich