»Der kleine Mann wird doch immer nur ausgebeutet!«, sagte ein guter Freund von mir am Telefon. »Wenn du lügst und betrügst, kommst du weiter, aber wenn du ehrlich lebst, wirst du nur angeschmiert.« Ich hatte morgens in meiner Bibel einen Text gelesen und ihm davon erzählt:
Josef führte kein einfaches Leben. Als Lieblingssohn vom Vater verwöhnt, von seinen Brüdern gehasst und später von ihnen als Sklave nach Ägypten verkauft. Aber der Mann, der ihn kaufte, schätzte Josephs ehrliche und zuverlässige Art und macht ihn zum Verwalter seines Hauses. Josef tat seine Arbeit gern und lebte ein - für sklavische Verhältnisse - komfortables Leben. Es gab nur ein Problem: Die Frau des Herrn wollte den hübschen Sklaven verführen. Josef lehnte ihre Annäherungsversuche höflich, aber bestimmt ab. Eines Tages aber packte die Frau ihn bei seinem Obergewand und wollte ihn zu sich ins Bett ziehen! Josef hatte nur noch eine Möglichkeit: Er zog sein Gewand aus und rannte weg. Sofort stimmte die Verschmähte ein Geschrei an. Der Sklave hätte sie vergewaltigen wollen, und nur, weil sie geschrien hätte, wäre er geflohen. Potifar, Josefs Herr, zögerte keine Sekunde und ließ Josef ohne Befragung ins Gefängnis werfen.
Das hatte Josef nun davon, ehrlich und rechtschaffen zu sein! Er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen und saß trotzdem in der Patsche. Also stimmt das, was mein Freund sagt? Ist der Ehrliche immer der Angeschmierte? Das Gefängnis jedoch war nicht Josefs Ende. Jahre später kam er frei, und Gott bewahrte durch ihn Tausende Menschen vor dem Hungertod. Josefs Brüder mussten ihn um Vergebung bitten, und er vergab ihnen gern. Denn Josef wusste, dass sein Gefängnisaufenthalt zu Gottes großem Plan gehörte.
Anne Paschke