Schon eine ganze Weile hatte ich mich mit meinem Bekannten Thomas über den christlichen Glauben unterhalten, als er mich ganz unvermittelt fragte: »Warum gibt es eigentlich so viele verschiedene Kirchen und Gemeinden? Das war eine schwierige Frage, die mich auch schon oft beschäftigt hatte. Behutsam versuchte ich sie ihm zu beantworten: »Weißt du, Thomas, der Herr Jesus traf eine paradoxe Situation an, als er auf dieser Erde war. Er fand nämlich eine »Kirche« vor, die zwar von Gott redete, ihn (Jesus) aber verwarf. Und Jesus machte diesen religiösen Menschen den Vorwurf, dass sie ihre eigenen Überlieferungen über das Gebot Gottes stellten. Weiter erklärte er ihnen, dass sie Gott zwar mit den Lippen ehrten, ihr Herz aber weit weg von Gott war. Je weiter unser Herz von Gott weg ist, desto eher entwickeln wir unsere eigenen Vorstellungen von Gott, Gottesdienst und Kirche«.
»Und du meinst, dass heute dasselbe Problem besteht?«, unterbrach mich Thomas. »Genau das meine ich«, versicherte ich ihm, »mit der Zeit sind so viele menschliche Überlieferungen zum ursprünglichen Glaubensgut dazugekommen, dass vieles verwässert und verfälscht wurde. Deshalb müssen wir wieder mit unserem Herzen so nah wie möglich zu Gott und seinen Gedanken über Gemeinde zurückfinden. Die vielen Konfessionen sind entstanden, weil nach der Reformation immer wieder Verweltlichungsprozesse einsetzten, so dass sich die Treuen davon lossagten und eine eigene Gruppe, Kirche oder Gemeinde gründeten, wo sie Gott so dienen konnten, wie sie es erkannten.« Dieses Gespräch hatte Thomas nachdenklich gemacht. Wolfgang Seit