Nicht deshalb, weil ihr zahlreicher wärt als alle Völker, hat der HERR sein Herz euch zugewandt und euch erwählt ..., sondern weil der HERR euch liebte.
5. Mose 7,7-8
»Ist das Ihr Ernst? Immer ich. Unfair.« Durchatmen. Regelmäßig fühlt sich irgendein Kind in meiner Klasse zu Unrecht ermahnt oder zu häufig nicht drangenommen und formuliert seinen Unmut deutlich. Ich warte, bis wieder Ruhe eingekehrt ist, und erinnere meine Schüler daran, dass ich sie alle gleich gernhabe. Eine Schülerin ruft: »Das stimmt nicht. Sie haben Lieblingskinder.« Ich bin verwundert, wiederhole, dass ich alle Kinder in meiner Klasse gleichermaßen mag, und frage, wie sie zu ihrer Aussage kommt. Das kann sie nicht sagen, aber sie ist sich sicher: Ich habe Lieblingsschüler. Strategiewechsel. Ich fordere sie auf, mir die Namen der Kinder zu nennen, die ich am liebsten mag. Sie nennt einige Namen, und mir wird klar, wer aus ihrer Sicht meine Lieblingsschüler sein müssen: die mit den besten Noten.
Irgendwie tut es mir leid, dass meine Schülerin den Eindruck hat, sich die Zuneigung ihres Klassenlehrers nur durch Leistung erarbeiten oder verdienen zu können. Aber ich erkenne mich darin wieder. Wie oft denke ich, dass ich mir Gottes Liebe durch Fleiß und gute Taten verdienen kann. Anstatt in dem Bewusstsein zu ruhen, dass Gottes Zuneigung bedingungslos ist, denke ich, dass ich irgendetwas tun müsste oder tun könnte. Was kann denn ein Mensch tun, damit Gott ihm sein Herz zuneigt? Gott hat uns geschaffen und schenkt uns täglich das Leben. Was könnten wir ihm geben, was er nicht schon hat, um seine Liebe zu bekommen? Unser Tagesvers zeigt uns, dass Gott sein Herz Menschen zuneigt, weil er sie liebt, und nicht, weil sie Anlass dazu geboten haben. Er liebt nicht, weil jemand besonders liebenswert ist, sondern weil er Liebe ist.
Allerdings erwartet diese Liebe Gottes ein echtes Ja des Menschen zu ihm - sonst leben (und sterben) wir an dieser Liebe vorbei.
Janina und Philipp Strack