Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.
Psalm 1,3
Mitten in der Wüste Ténéré, in der Südsahara im Niger, wo es nur Sand, Steine und zeitweise Temperaturen von über 50 Grad Celsius gibt, stand vor einigen Jahren eine einsame Akazie. Es war der einzige Baum im Umkreis von mindestens 150 km. Die Einheimischen machten einen Bogen um den Baum, da es ihnen nicht geheuer vorkam, wie dieser Baum überleben konnte. Ein betrunkener Lkw-Fahrer soll, so erzählen manche, den Baum eines Abends im Jahr 1973 gerammt und somit gefällt haben. Andere gehen davon aus, dass er einem Wüstensturm zum Opfer gefallen ist.
Kommandant Michel Lesourd von der französischen Kolonialverwaltung wollte dem Geheimnis des Baumes im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund gehen, da er dort eine Wasserquelle vermutete. Doch erst in 35 Metern Tiefe stießen die Arbeiter endlich auf Wasser. Zu ihrer Überraschung reichten die Wurzeln des Baums aber tatsächlich genauso tief in die Erde. Dies war das Geheimnis seiner Überlebenskunst.
Was für diesen Baum gilt, gilt auch für uns Menschen. Wir leben zuweilen in äußerst unwirtlichen Lebensumständen, die gekennzeichnet sein können durch Zukunftsängste, Krankheit, Mobbing oder Einsamkeit. Wie kann es da gelingen, gleichwohl nicht alle Hoffnung fahren zu lassen, sondern zu wachsen und sogar ein fruchtbares, erfülltes Leben zu führen? Wie der Baum benötigen wir eine Quelle, aus der unsere Lebenswurzeln Kraft für das Leben ziehen können. Im 4. Kapitel des Johannesevangeliums macht Jesus Christus einer Frau, die gerade aus einem Brunnen Wasser schöpfen möchte, deutlich, dass (nur) er diese lebendige Quelle ist. Doch um eine eigene Beziehung zu dieser Quelle »lebendigen Wassers« zu bekommen, muss jeder seine eigenen Wurzeln bis zu ihm ausstrecken und aus dieser Quelle trinken.
Bernhard Czech