Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.
Jesaja 55,7
Was Menschen anderen Menschen antun können, ist manchmal kaum vorstellbar. So viel Leid in der Welt ist allein durch Menschen verursacht! Psychotherapeuten haben oft mit Patienten zu tun, die ihr Leben lang mit schweren Traumata kämpfen, die von schlimmen Erlebnissen aus der Kindheit herrühren. Menschen leiden und fügen anderen Leid zu. Das ist traurige Realität. Es klingt sehr nachvollziehbar, wenn ein Verbrechensopfer seinem Peiniger die Pest an den Hals wünscht, diesen zur Hölle verflucht und Rachegedanken hegt. Niemand erwartet, dass das Opfer dem Täter von Herzen vergibt; dies wäre übermenschlich.
Aber schon bei kleinen »Alltagsvergehen«, zum Beispiel dem vergessenen Geburts- oder Hochzeitstag, dem geliehenen Geld, das nicht zurückgezahlt wurde, dem weggeschnappten Parkplatz oder einem bösen Wort, tun sich viele Menschen schwer, Vergebung auszusprechen - selbst wenn die Entschuldigung auf dem Fuß folgt. Das menschliche Ego ist schnell verletzt und leicht eingeschnappt.
Gottes Wesen ist völlig anders. Was aus menschlicher Sicht total unverständlich und wirklich übermenschlich ist, sind Jesu Worte, als er am Kreuz unschuldig hingerichtet wurde: »Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!« (Lukas 23,34). Hier beweist Christus seine himmelweit reichende Vergebungsbereitschaft, die er selbst den schlimmsten Sündern zuspricht, wenn sie ihn darum bitten. »Das verzeihe ich dir nie!«, wird Gott niemals zu jemandem sagen, der in echter Reue zu ihm kommt.
Niemand erwartet, dass ein Opfer seinem Peiniger vergibt. Niemand ist verpflichtet, eine Entschuldigung anzunehmen. Mit Gottes Hilfe aber ist beides möglich!
Daniela Bernhard