Es fällt auf, das große, knallgelbe Miethaus im Dortmunder Norden! Auf der gesamten Fassade liest man verschiedene Ausdrücke, die alle vom Lügen handeln, z. B.: »Krücken« oder »einen über den Tisch ziehen« oder »unreinen Wein einschenken«. Auch die jüngere Geschichte Deutschlands ist nicht verschont geblieben von Lügen mit trauriger Berühmtheit: »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen!« war die Aussage Walter Ullbrichts, wenige Tage vor der rechtswidrigen Grenzziehung in Berlin.
Lügen ist ein weltweites Phänomen. Volkskundler kennen die unterschiedlichsten Gebräuche dabei. So ist es in Japan und ein übliches, ja seriös geachtetes Mittel, in einem Gespräch durch Unwahrheit das Gesicht zu wahren. Würde also z. B. jemand eingeladen, eine teure Kurzreise mitzumachen, die er finanziell nicht bewältigen kann, so wäre es peinlich zuzugeben, das man schlicht kein Geld habe. Ebenso wäre auch der Einladende überfordert, angemessen zu reagieren, also weder Erschrecken, noch Mitleid, noch Überheblichkeit zu zeigen. Wie leicht »hilft« da die Antwort »Sehr gute Idee, aber leider keine Zeit!« Das ganze funktioniert gut, wenn beide Seiten dieses »Spiel« als eine Art Grenzziehung, also: »Frag jetzt bitte nicht weiter!« verstehen.
Doch Lügen löst in Wirklichkeit kein Problem, sondern bringt immer neue hervor. Der Volksmund sagt, dass Lügner ein gutes Gedächtnis brauchen. Weil sie nämlich das Lügennetz immer weiter spinnen müssen, damit das geschaffene Bild von ihrer Umwelt nicht als Fälschung entlarvt wird. Die beiden ersten Menschen wurden Gott ungehorsam, weil sie einer Lüge glaubten – mit fatalen Folgen für alle Menschen bis zum heutigen Tag. Klaus Spieker