Ein kleiner, aufgeweckter Junge wurde gefragt, welches Himmelslicht er für wichtiger halte: die Sonne oder den Mond? Ohne zu zögern antwortete der Kleine: »Der Mond ist wichtiger!« Auf die Frage, wie er denn darauf komme, erwiderte dieser im Brustton der Überzeugung: »Der Mond leuchtet Menschen und Tieren in der Nacht, wenn es draußen dunkel ist. Aber die Sonne leuchtet nur am Tag - da ist es sowieso hell!« - Wir alle wissen, dass der Mond nur das Licht der Sonne reflektiert und dass ohne die Sonne nicht nur totale Finsternis herrschen würde, sondern auch kein Leben auf der Erde möglich wäre. Deshalb lachen wir über die kindliche Logik, aber im Grunde genommen ist in einem überaus wichtigen Lebensbereich unsere Logik manchmal genauso naiv: nämlich dann, wenn wir so leben, als ob es Gott nicht gäbe.
In Wirklichkeit sind wir aber in jeder Hinsicht von Gott abhängig. Alles, was wir sind und haben, kommt doch letztlich von ihm: unsere Intelligenz, unsere Gesundheit, unser Besitz, all das sind vorübergehende Leihgaben, die er eines Tages zurückfordert. »Wenn er unseren Lebensatem wegnimmt, vergehen wir und werden wieder zu Staub« (Psalm 104,27-30). »Es geht ohne Gott in die Dunkelheit, aber mit ihm gehen wir ins Licht. Sind wir ohne Gott, macht die Angst sich breit, aber mit ihm fürchten wir uns nicht!«, so schreibt der Liederdichter Manfred Siebald. Wir können uns drehen und wenden, wie wir wollen, wir stoßen immer irgendwann wieder auf Gott. Deshalb stehen wir uns am besten, wenn wir uns den Tatsachen stellen: Ein Leben ohne Gott ist wie ein Leben ohne Sonne. Es ist nicht möglich, auch wenn es manchmal - wie in der kindlichen Logik - so aussehen mag.
Günter Seibert