Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin.
Psalm 90,10
Unser Fünfjähriger saß in sich versunken auf der Bettkante. Als seine Mutter ihn fragte, was er da mache, sagte er: »Ich warte, dass die Zeit vergeht!« Kindern fällt das Warten oft schwer. »Wie lange dauert es noch, bis ich Geburtstag habe?« - »Wann kommt Weihnachten?« usw., wird immer wieder gefragt. Sie meinen, die Zeit vergehe viel zu langsam.
Ist man älter, fragt man sich stattdessen, wo die Jahre und Jahrzehnte geblieben sind, die man schon gelebt hat. Dann muss man, ob es einem gefällt oder nicht, dem Mose recht geben, der uns unseren Tagesvers aufgeschrieben hat. Und was kommt danach? Die Bibel sagt uns, dass sich dann für uns eine der beiden Türen für die Ewigkeit öffnet. Weiter sagt sie uns, dass uns diese eilig davonfliegende, kurze Erdenzeit gegeben wurde, damit wir uns auf die Ewigkeit vorbereiten, um ebendiese Ewigkeit bei Gott verbringen zu dürfen. Dorthin geht es durch die eine Tür; die andere führt in die ewige Finsternis der Gottferne. Gut vorbereitet konnte Gerhard Terstegen in seinem Abendlied singen:
»Ein Tag, der sagt´s dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit. / O Ewigkeit, du schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht in dieser Zeit.«
Diese Vorbereitung geschieht nicht durch gute Werke, nicht durch Fasten oder Pilgerreisen, sondern dadurch, dass wir unser Unvermögen dem bekennen, der alles bereits für uns getan hat, um dann an seine Vergebung zu glauben. Es wäre doch jammerschade, wenn man hier auf dieser Erde nur nach Irdischem getrachtet hätte, von dem man nichts, aber auch gar nichts mitnehmen kann, und das uns genauso schnell abhandenkommt, wie unser Leben entflieht.
Hermann Grabe