Es war Sonntag Abend, als mein Freund aus Haifa mich anrief. Er war nach Berlin gekommen, um das Haus zu suchen, wo seine Mutter bis 1938 gewohnt hatte. Es hatte viele Jahre gedauert, bis wir das erste Gespräch über die Bibel führen konnten und ich ihm das Buch von R. Santala: »Der Messias im Alten Testament – im Licht der rabbinischen Schriften« schenken konnte. Eine Woche später war damals sein Kommentar: »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie wertvoll mir und meiner Familie dieses Buch ist. Wir hatten keine Ahnung, was unsere hoch verehrten Rabbiner über den Messias geschrieben hatten.«
Nun fuhren wir zu seinem Hotel, wo er uns eine Adresse zeigte, die seine Mutter mit zittriger Hand aufgeschrieben hatte. Ein Blick in den Stadtplan ergab, dass dieser Straßenname nicht mehr existierte. Ich versprach, am nächsten Tag die Straße herauszusuchen und schlug vor, gemeinsam essen zu gehen. Er wehrte ab, denn er hatte einen Koffer voll koscherer Nahrungsmittel aus Israel mitgebracht. Da ich aber ein koscheres Restaurant kannte, nahm er schließlich die Einladung an. Dort angekommen ließen wir uns die orientalischen Gerichte schmecken und fragten dann den Kellner nach dem alten Straßenamen. »Das ist der alte Name unserer Straße«, war seine Antwort. Nun sahen wir uns den Raum genauer an und entdeckten eine Tafel mit der Geschichte des Hauses. Mein Freund traute seinen Augen kaum, als er die alte Adresse las – es war das Haus, in dem seine Mutter gewohnt hatte. Mit Tränen in den Augen sagte er: »Ich bin das erste Mal in meinem Leben in Berlin und am ersten Tag meines Besuches führt mich der Ewige zum Haus meiner Vorfahren.« Hartmut Ising