Moment mal, beide sollen ihn geschmäht haben? – War da nicht einer von den beiden Räubern, der sein Leben bereute und zu Jesus hielt? Stimmt! Lukas berichtet etwas anderes: »Einer der gehenkten Übeltäter aber lästerte ihn: Bist du nicht der Christus? Rette dich selbst und uns! Der andere aber antwortete und wies ihn zurecht und sprach: Auch du fürchtest Gott nicht, da du in demselben Gericht bist? Und wir zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst! Und er sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein« (Lukas 23,39-43).
»Ein typischer Fall von Widerspruch in der Bibel«, freuen sich die Bibelkritiker und Atheisten.
Auf den ersten Blick sieht es tatsächlich so aus, aber wenn man die beiden Berichte vorbehaltlos liest, wird deutlich, dass die verschiedenen Zeugenaussagen sich nicht widersprechen müssen.
Es ist offensichtlich so, dass zuerst beide Verbrecher Jesus verhöhnten, aber dann hörte endlich der eine zu, was der Mann am Kreuz in der Mitte sagte. Ihm wurde klar, dass er der Sohn Gottes war. Er hörte auf zu lästern und ertrug es nicht mehr, dass sein Komplize dies noch immer tat. Er wies ihn zurecht und wandte sich dann im Vertrauen an Jesus: »Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!« Und er erhielt augenblicklich die Zusage Jesu, mit ihm ins Paradies einzugehen.
Hier kam ein Mensch in den letzten Stunden seines verpfuschten Lebens zur Besinnung und wandte sich an Jesus, der gerade dabei war, durch seinen Tod die ganze Menschheit zu erlösen.
Günter Seibert