Die Ökonomie lässt sich von wirtschaftlichen Interessen leiten, dem Geldverdienen. Das aber kann doch nicht das oberste Ziel des menschlichen Lebens sein! Christen sind nun einmal aufgefordert, tugendhaft zu leben (Philipper 4,8 und 2. Petrus 1,5). Tugend ist nichts anderes als die Fähigkeit zur Beachtung moralischer Regeln. Eine von ihnen ist die Enthaltsamkeit.
Paulus rechnet im Galaterbrief die Enthaltsamkeit zu der Frucht des Geistes, d. h. sie entspricht dem Willen Gottes für uns. Im 2. Petrusbrief bildet die Enthaltsamkeit die vorletzte Stufe zur Gottseligkeit, die als höchstes Ziel des christlichen Strebens dargestellt wird. So etwas muss einer kapitalistischen Wirtschaft ein Riesengräuel sein, denn ihr Leitmotiv heißt: »Konsumieren, konsumieren, je mehr, desto besser.«
Heute leben wir in Zeiten riesiger Informations- und Unterhaltungsangebote. Dazu bemerkte einmal ein ausgewiesener Fachmann, dass die moralisch verwerflichen Wirkungen der Medien weniger durch einzelne fragwürdige Sendungen verursacht werden. Der maßlose Konsum sei es, der die Menschen schädigt. Er schwächt die Fähigkeit, über uns selbst zu bestimmen, schwächt unsere Fähigkeit, frei zu entscheiden, schwächt den inneren Menschen. Während die übrige Wirtschaft uns das Geld aus der Tasche zieht, stehlen uns die Medien unsere Zeit.
Die Fähigkeit, maßvoll zu sein im Gebrauch aller irdischen Güter, also enthaltsam zu sein, ist kein sauertöpfisches Altweibergeschwätz, sondern der Königsweg zu einem sinnerfüllten, glücklichen Leben. Deshalb bewerten Petrus und Paulus die Enthaltsamkeit auch so hoch. Wir sollten alle der Tugend der Enthaltsamkeit nachstreben, und das in der Kraft des Geistes Gottes. Dann wird es uns gelingen. Karl-Otto Herhaus