»Otto ooch nich janz wohl«, spotteten die Berliner über den ersten Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl (1894-1964), und trafen mit dem ihnen eigenen Mutterwitz ins Schwarze. Grotewohl war alter Sozialdemokrat und nach dem Zusammenbruch 1945 einer der drei Vorsitzenden der SPD in der Sowjet-Zone. Als Demokrat lehnte er die totalitäre Strategie der vom stalinistischen Bolschewismus gesteuerten Kommunisten ab. Als aber die Sozialdemokraten auf sowjetischen Druck hin gezwungen wurden, sich mit den Kommunisten in einer Einheitspartei (SED) zusammenzuschließen (April 1946), stimmte Grotewohl im Gegensatz zu vielen anderen Sozialdemokraten, wenn auch zögernd, dieser Vereinigung zu. Zur Belohnung wurde er bei der Gründung der DDR zum Ministerpräsidenten bestimmt, heute vor 60 Jahren. Dass er sich in dieser Rolle, in der er mehr und mehr in den Schatten des Stalinisten Walter Ulbricht geriet, »nich janz wohl« fühlte, lässt sich denken, zumal viele seiner andersdenkenden SPD-Genossen in das Konzentrationslager gesperrt und erst 1945 befreit worden waren. Die Verachtung der Demokraten war ihm sicher. Er erlitt das Schicksal all derer, die gegen ihr Gewissen »mit den Wölfen heulen«.
Man kann nie glücklich werden, wenn man sich gegen sein Gewissen einer eigentlich abgelehnten Entwicklung anpasst, wie es heute z.B. bei dem Trend zur Gottlosigkeit und zum Unglauben gegenüber dem Heilsangebot Gottes durch Jesus Christus der Fall ist. Weder die Mächtigen noch die Massen haben Recht; es erfordert schon eine charaktervolle Persönlichkeit, Gott die Ehre zu geben und ihm und seinem Wort zu vertrauen. Gerhard Jordy