Viktor Frankl (1905–1997), Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, hat einmal gesagt, dass Durst der sichere Beweis dafür sei, dass es Wasser gibt; denn wie könnte ein Mensch durstig werden, wenn es kein Wasser gäbe? Und wie könnte ein Mensch nach dem Sinn des Lebens fragen, wenn es keinen Lebenssinn gäbe? So haben die Menschen seit Jahrtausenden nach dem Sinn ihres Daseins geforscht, und allen war klar, dass dann auch ein Sinngeber dahinterstehen muss. So entstanden die Religionen.
Im fünften Jahrhundert hat Augustinus gesagt, dass die Unruhe in den Menschenherzen nur aufhören würde, wenn das Herz in Gott ruht. Erst in der neueren Zeit hat sich die Meinung durchgesetzt, dass wir nur zufällig in diese Welt geboren wurden und nun zusehen müssen, dass wir dieses ungewollte Dasein so angenehm wie möglich zubringen, um danach genauso sinnlos wieder zu verschwinden, wie wir sinnlos auf die Welt gekommen sind. Weil es demnach keine Instanz gibt, der wir Rechenschaft abgeben müssen, werden sich bei solcher Geisteshaltung immer häufiger solche Leute durchsetzen, die kalt und herzlos ihren Vorteil wahrnehmen. Warum auch nicht?
Die Bibel schildert das Ende dieser Weltzeit als eine Epoche, die von Herzlosigkeit, Raffsucht und Gewalt und Unordnung durch die Starken sowie von Armut, Angst und Tränen der Unterdrückten und Gequälten gekennzeichnet ist. Vieles deutet heute darauf hin. Aber trotzdem gibt es noch Hoffnung. Gott hat seine Erde noch nicht völlig aufgegeben. Noch heute kann jeder, dem die Kälte ringsumher Angst macht, zu Gott kommen, ihm sein Versagen bekennen und sich zu seiner Güte flüchten, die er uns in seinem Sohn vor Augen geführt hat, wie uns der Tagesvers sagt.
Hermann Grabe