Den 15. Juni 1904 hat die Historikerin Kathryn Jolowicz genau rekonstruiert: Es war ein strahlender Sommermorgen. Pünktlich um 9.30 Uhr legte der Schaufelraddampfer »General Slocum« vom Pier an der dritten Straße in New York ab. Auf dem East River tuckerte er gen Norden. An Bord waren deutsche Einwanderer aus Little Germany (ein Block entlang der Lower East Side in New York). An Deck spielte deshalb ein Orchester deutsche Marschmusik. Nur eine halbe Stunde später geriet der Dampfer durch ein achtlos weggeworfenes Streichholz in Brand, 1000 Menschen starben. Vorwiegend Frauen und Kinder. Das schreckliche Ende eines eigentlich schönen Ausflugs. Die Ursache für so viele Tote: Auf dem brennenden Dampfer ließen sich die Rettungsboote nicht aus der Verankerung lösen. Die Schwimmwesten waren, um Geld zu sparen, mit Sägespänen statt mit Kork gefüllt. Als der Dampfer in Flammen stand, gab es kein Entkommen. Mit dem Tod so vieler Frauen und Kinder starb auch die Zukunft der deutschen Gemeinde in New York. Die Menschen wurden mit dem plötzlichen Verlust nicht fertig. Nichts hielt sie mehr in Little Germany.
Als ich diesen Bericht las, wurde mir bewusst: Unser Leben steht im Schatten des Todes. Die Tageszeitungen bestätigen dies: Unfälle, Krankheiten, Katastrophen, Mord usw. Wenn ich morgens aufstehe, gibt es keine Garantie, dass ich abends noch lebe. Für mich als Christ verliert aber der Tod seinen Schrecken und seine Unerbittlichkeit, weil er nicht das Ende, sondern Durchgangstor zum ewigen Leben bei Gott ist. Mit dieser Gewissheit darf ich getrost jeden Tag durchlaufen, weil ich mich in Gottes Hand geborgen und sicher am Ziel weiß, wenn die Stunde des Todes kommt. Bodo Ammenhäuser