Vor Jahren erstach eine Frau ihren gleichaltrigen Bruder. Das Opfer lebte mit seiner Schwester schon lange zusammen. Der Mann »studierte« seit 30(!) Jahren und wollte das auch weiterhin tun. Darüber kam es zum Streit. Die Schwester warf ihm vor, ein Blutsauger zu sein; er solle doch endlich aus seinem Kinderzimmer ausziehen.
Wie mit der Lupe sehen wir einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit des heutigen Lebens in Deutschland. Es ist eine Welt, der in vieler Hinsicht jene Maßstäbe abhanden gekommen sind, die der Schöpfergott den Menschen von Anbeginn mitgegeben hat, um in den Herausforderungen des Lebens bestehen zu können. Dazu gehört das Erwachsenwerden, anders ausgedrückt: der Auszug aus dem Kinderzimmer.
Der Bibel sind solche Situationen nicht unbekannt. Greifen wir ein Beispiel heraus: Josef, den Sohn Jakobs. Des Vaters Liebling lebte zu Hause, fern von den Übelständen, die seine Brüder als Viehhirten zu ertragen hatten. Dann jedoch schickte ihn der Vater zu seinen Brüdern.
Hieraus wurde eine Lebensreise. Erst kurz vor seinem Tod sah der Vater seinen Sohn wieder, als Vize-Pharao von Ägypten. Gott war als Erzieher in das Projekt »Josef« eingetreten, weil er seine Pläne mit Josef hatte. Dieser Junge hätte sein Leben verfehlt, wenn er bei »seinem Papi« geblieben wäre.
Gott hält viel vom Erwachsenwerden, vom Auszug aus dem Kinderzimmer. Gott hält viel davon, wenn auch wir uns dem Ernst des Lebens stellen; denn nur da erfahren wir, dass wir Gott nötig haben. Wir brauchen ihn sowohl zur Bewältigung dieses Lebens als auch, um unsere ewige Seligkeit sicherzustellen.
Und darauf kommt es vor allem an. Karl-Otto Herhaus