Heute geht es um den Diebstahl von Zeit. Wie oft habe ich schon die Zeit eines anderen in Anspruch genommen, weil ich wusste, dass er sich Zeit für mich nimmt? Ich hatte gar nicht die Absicht, in meinem Leben etwas zu ändern, aber ich wollte es mal hören, was er zu sagen hatte und wie er mein Verhalten beurteilte. Ich habe seine Gutmütigkeit und Freundlichkeit ausgenützt und ihm seine Zeit gestohlen.
Ist das zu krass ausgedrückt und zu hart formuliert? Manche Leute haben wirklich ein Gespür dafür, wann und wie sie jemand auflauern müssen, um ihn in irgendein belangloses Gespräch zu verwickeln, auch mit der Absicht, die eigene Neugierde zu befriedigen. Als Ausgangspunkt verwendet man ein Tagesthema oder man stellt eine Frage. Oft tut man es nur aus Langeweile oder aus dem inneren Zwang, alles wissen zu müssen, was sich in der nächsten Umgebung ereignet hat. Beides sind unlautere Motive, die deutlich machen, dass der Fragesteller seine eigene Zeit nicht zu nutzen weiß und auch noch dem Nächsten damit zur Last wird. – Es kann allerdings auch der Schrei eines einsamen Herzens sein.
Zeit ist kein Wegwerfartikel. Zeit kann man nicht beliebig vervielfältigen. Zeit ist immer etwas, worüber man eigentlich gar nicht verfügen kann, man kann sie nur verwalten. Gott macht in seinem Wort deutlich, dass es kluge und törichte Verwalter gibt. Klug ist der, welcher seine Zeit in Übereinstimmung mit dem geoffenbarten Willen Gottes, der Bibel, ausschöpft im Bewusstsein dessen, dass er eines Tages vor dem Geber der Zeit dafür geradestehen muss.
Rudolf Kühnlein