Kann ein Mensch unfehlbar in seinem Urteil sein? Kann ein Mensch so vom Geist Gottes durchdrungen sein, dass der Geist Gottes ihn befähigt, »ex cathedra«, sozusagen »kraft seines Amtes«, fehlerfreie Entscheidungen zu fällen, die das Leben aller Christen betreffen? Wenn man dem 1. Vatikanum folgt, dann ist das so, und zwar heute auf den Tag genau seit 130 Jahren. Da nämlich unterwarfen sich 572 der 574 Teilnehmer des 1. Vatikanischen Konzils dem Dogma der Unfehlbarkeit.
Ist eine solche Frage überhaupt demokratisch zu lösen? Kann eine Mehrheit darüber beschließen, ob ein Mensch falsch oder richtig denkt? Und weiter: Wenn der römische Papst »kraft seines Amtes« unfehlbar entscheidet, war dieses Amt dann nach dem Konzil ein anderes als zuvor? Anders gefragt: War die Entscheidung, die Papst Klemens VIII. 1616 fällte, auch unfehlbar richtig: »Die Lehre von einer im Weltall bewegten Erde ist als absurd in der Philosophie und mindestens irrgläubig in der Theologie zu bezeichnen«? Oder leitet der Heilige Geist Gottes den Papst in seinem Amt erst seit 1870? Wie sind dann die vorher gefällten päpstlichen Entscheidungen zu werten? Die blutigen Kreuzzüge? Die grausame Verfolgung beispielsweise der französischen Hugenotten? Die Morde und Folterungen der Inquisition? Fragen über Fragen.
Gott selbst sagt in seinem Wort, in der Bibel, dass wir es nötig haben, uns von Gottes Geist und anderen gläubigen Christen immer von neuem korrigieren zu lassen (1. Korinther 14,29)! Peter Schäfer von Reetnitz