Jeremias Gotthelf erzählt von einem kranken geldgierigen Geizhals, dem der Arzt nur noch einen Tag Lebenszeit zubilligte. Daraufhin verbrannte dieser alle seine Wertpapiere, damit niemand etwas erben konnte, wenn er selbst schon nichts mehr davon haben sollte. Am nächsten Tag ging es ihm auf wundersame Weise besser. Doch weil er nun ganz arm war, erhängte er sich, anstatt sich seines Lebens zu freuen.
Auch wenn die Geschichte nur erfunden sein sollte, so berührt sie doch einen sehr empfindlichen Punkt unseres Lebens. Wie sehr hängen wir an unserem Besitz, und wie schwer fällt es den meisten, ihn loszulassen. Und wenn wir ihn schon selbst nicht festhalten können, dann gönnen wir anderen erst recht nichts davon. Unser Besitz ist tatsächlich ein Stück von uns selbst.
Das wird erst anders, wenn wir begreifen, dass alle Güter nur Leihgaben Gottes und wir die Verwalter sind, die einmal Rechenschaft ablegen müssen, was wir damit gemacht und wie wir sie verwendet haben. Nach den wenigen Erdenjahren unseres Daseins zählt dann nur noch, was Gott von unserer Verwaltung hält und ob er uns als treue oder als ungetreue Verwalter betrachtet.
Wer die Sache mit Geld und Gut so ansieht, bekommt eine völlig andere Einstellung dazu. Er weiß, dass sein Herr ihm wohl erlaubt, befriedigend von dem Anvertrauten zu leben; aber er sieht alles als Gut seines Herrn im Himmel an und fragt sich immer, ob und wie er eine Maßnahme rechtfertigen kann. Aber weil er seinen Herrn als einen gnädigen und barmherzigen und liebenden Gott kennt, erfüllt ihn sein Auftrag nicht mit Angst und Schrecken, sondern mit Freude, damit Gutes tun zu können und seinem Herrn zu gefallen.
Hermann Grabe