Jetzt stirbt er langsam. Seine Blätter werden immer gelber und ich sehe den Tag schon kommen, an dem ich mich von ihm verabschieden muss. Und ich habe es wirklich gut gemeint! Ich dachte, er hätte zu wenig Wasser, darum habe ich ihm immer mehr gegeben, ich habe ihn regelrecht ersäuft. Jetzt denke ich: Hätte ich ihn doch nicht in einem wasserdichten Übertopf gesteckt! ... Hätte ich doch mehr von Bambuspflanzen verstanden! ... Hätte ich doch einen Gärtner gefragt! ... Hätte, hätte, hätte ... Doch jetzt ist es wohl zu spät.
Oft stehen die Menschen vor den Trümmern irgendeiner Beziehung, in die sie wirklich eine Menge Mühe und Entsagung und Hilfsbereitschaft investiert hatten und können immer nur seufzen: »Ich hatte es so gut gemeint, und nun dies!« Woran kann es gelegen haben? Ja, wenn wir das wirklich wüssten, wäre es wohl nie so weit gekommen. Aber woran ist der Bambus zugrunde gegangen? Weil ich nichts von Bambuspflanzen verstand. Und Menschen sind viel kompliziertere Wesen als solche Gräser.
Bei kaputten Beziehungen hilft kein Gärtner und kein Doktor, da müssen wir den fragen, der uns Menschen gemacht hat. Er allein weiß, was unsere Ehe, Familie, Kollegen oder Kinder gebraucht hätten. Bevor wir uns allerdings bei ihm Rat holen können, muss unsere Beziehung zu Gott in Ordnung sein. Das wird jeder einsehen. Und das geht leichter, als die meisten Menschen ahnen. Gott kennt uns und unsere Schwächen durch und durch. Nicht einmal mit unserem Schuldeingeständnis verraten wir ihm etwas Neues. Und er will nur, dass wir uns dazu stellen. Dann vergibt er alles und wird uns auch helfen, den verschütteten Weg zum Herzen unserer Lieben zu öffnen. Doro Olmesdahl