Was Zeitdruck ist, weiß sicherlich jeder. Eine umfangreiche Ausarbeitung musste dringend fertig werden. Der Abgabetermin stand mir wie ein Berg vor Augen und ich war froh, dass ich mir dafür den Nachmittag freischaufeln konnte. Ich hatte gerade begonnen, da stand er in der Tür. Zwölf Jahre alt und gerade heute voller Langeweile: Mein Neffe. Die Bitte, etwas mit mir zu unternehmen, stand nun live in der Größe von 1,40 m vor mir. Ich versuchte, meine »Zwangslage« zu schildern, aber sein enttäuschtes Gesicht sprach Bände. Mit rabenschwarzem Gewissen ging ich meiner »geistlichen« Arbeit nach, die mir allerdings nicht so recht gelingen wollte.
Mir kam der Gedanke, wie lange es mein Neffe noch erstrebenswert und spannend finden würde, mit mir gemeinsam Zeit zu verbringen. Mir schoss der Begriff »beziehungsorientiert« durch den Kopf. So stand mein Entschluss fest: Der Computer bekam frei und ich schloss die Tür hinter mir. Die Ankündigung, er könne mich nun den ganzen Nachmittag in Beschlag nehmen, löste ein Strahlen aus. (Einen Sonnenaufgang mitten am Tag zu erleben, dass ist etwas wirklich Großartiges.)
Als Jesus nach einem langen Tag voller Anstrengung noch einige Kinder segnen sollte, entschieden die Jünger, dass Jesus nun wirklich Ruhe brauche. Aber Jesus wies sie deutlich zurück und nahm sich Zeit für die Kinder. Dies zeigt sehr schön, wie wichtig Jesus Kinder sind. Bei ihm gibt es keine Sprechzeiten. Das ist eine tröstliche und schöne Tatsache, und wenn ich dies in meinem Umfeld beherzige, ist das eine lohnende Investition. Antje Röhlig