Es herrscht eine beklemmende Stille im Sprechzimmer der Ärztin. »Was für eine Krankheit hat unser vierjähriger Benjamin?«, will ich von der Ärztin wissen. Schweigen. »Hat er Krebs?«, frage ich. »Nein, aber seine Krankheit ist genauso folgenschwer«, antwortet die Stationsärztin. »Nun sagen Sie mir doch endlich die Diagnose.« – »Ihr Junge leidet an Panmyelopathie. Er produziert kein Blut mehr«, erklärt die Medizinerin.
Am nächsten Morgen im Büro nehme ich das medizinische Wörterbuch zur Hand und schlage die Seite mit den Erklärungen zu Panmyelopathie auf. Die Buchstaben schwimmen mir vor den Augen, als ich die Prognose lese: Die Krankheit führt unaufhaltsam zum Tode! Ich lasse mich telefonisch mit der Stationsärztin in der Klinik verbinden und lese ihr den Text vor. Die Ärztin schluchzt auf und beendet das Gespräch mit den Worten: »Dem habe ich nichts hinzuzufügen.« Mich hält es nicht mehr im Büro. Ohne mich abzumelden, verlasse ich spontan meinen Arbeitsplatz. Ich laufe in den Wald, um meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Es will nicht gelingen. Ich bin am Boden zerstört, hilflos und unendlich traurig.
In diese Situation hinein kommt mir eine Szene aus der Bibel in den Sinn. Petrus steht vor seiner größten Bewährungsprobe. Jesus sagt seinem Jünger: »Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre.« So, wie der Sohn Gottes für seinen Mitarbeiter Petrus gebetet hat, betet Jesus jetzt auch für mich, wird es in meinem Herzen zur Gewissheit. Meine Schritte werden langsamer bei dem Gedanken: Der Sohn Gottes weiß um meine Situation und betet für mich zu seinem Vater, damit mein Vertrauen in sein Handeln nicht aufhört. Der Schmerz ist noch da, aber Ruhe und Frieden erreichen mein Herz. Detlef Kranzmann