Der Wolf prahlte vor dem Fuchs, er sei stärker als die Menschen und werde jeden sofort fressen, wenn er einen findet. Bald sahen sie einen kleinen Jungen, der zum Kindergarten ging. »Ist das ein Mensch?«, fragte der Wolf. »Nein, das wird erst einer«, antwortete der Fuchs. Dann trafen sie einen Kriegsinvaliden, der mühsam an Krücken vorüberhumpelte. »Ist das einer?«, fragte der Wolf wieder. »Nein, das war mal einer«, gab der Fuchs zur Antwort. Dann sah der Fuchs den Jäger mit der Flinte und rief beim Fortlaufen: »Da, das ist ein Mensch!«
Wie die Geschichte ausging, soll uns heute nicht interessieren. Mir kommt es darauf an zu zeigen, dass in unserer Zeit die Weltsicht des Fuchses immer mehr um sich greift. Man legt fest, ab wann jemand ein Mensch ist. Das macht dann den Weg frei, alles, was vor diesem »Termin« liegt, einfach umbringen zu dürfen. In Wirklichkeit weiß jeder denkende Mensch, dass ein Baby vor der Geburt genauso gut ein Mensch ist wie nach der Geburt. Man müsste es nur wachsen lassen.
Dieses moderne Denken führt konsequenterweise auch immer deutlicher dahin, ebenfalls am Ende des Lebens festzulegen, wann jemand kein durch das Grundgesetz geschützter Mensch mehr ist. Möglich wird das alles selbstverständlich nur, wenn man nicht mehr mit dem Schöpfer, nicht mehr mit Gott rechnet. Dann sind oftmals kleine Kinder wie auch altersschwache Menschen nur lästige Kostenfaktoren. Außerdem hindern sie die im Augenblick noch Starken an der Selbstverwirklichung. Nach dem Gesetz des Dschungels, wo nur der Stärkere überlebt, muss man sie aus dem Weg räumen.
Aber ist das wirklich die »schöne neue Welt«, die wir uns wünschen?
Hermann Grabe