Die andere Seite des Bob D.

»Das Rätsel wird 65«, schrieb eine Zeitung zu seinem Geburtstag am 24.5.2006. »Die erste Hälfte seines Lebens tat er alles, um die Massen zu erobern. Die zweite Hälfte alles, um sich vor diesen Massen zu verstecken«, so das Blatt weiter. Bob Dylan, der Mann, der in kein Raster passt, ist als »Stimme der Jugend, als Herold der Rebellion« in die Musikgeschichte eingegangen.
Aber dann, in den 60ern hatte der Schöpfer unvergleichlicher Songs »die Schnauze voll«; er stieg aus und zog aufs Land. Doch er brachte weiterhin eine LP um die andere heraus, irritierte mit seiner frommen Tour. Nachdem er seinen Fans mit einem jahrelangen »Jesus-Trip« einiges zugemutet hatte, wartete er in den späten 90er-Jahren wieder mit phänomenalen Alben auf. Da kenn' sich einer aus! Der »Shakespeare in Krokoslippern« (»Spiegel«) kennt sich vielleicht mit sich selbst nicht aus. »Wer immer es ist, den ihr sucht, ich bin es nicht«, sagte er einmal. Bob D. - »das Rätsel«?
In »Are you ready?« fragt er: »Bist du bereit für das Gericht? Bist du bereit für den Tag des Herrn?« Und in einem anderen Lied empfiehlt er: »Wenn ich nicht mehr bin, frag dich nicht, wo ich dann bin. Sag einfach, dass ich mein Vertrauen auf Gott gesetzt habe und dass Christus in mir war.« Bemerkenswerte Worte eines »ewig Unverstandenen«. Nur Worte? Nur eine fromme Masche? Hoffentlich nicht!
Paulus, der Apostel, würde vielleicht sagen: »Was macht es denn? Wird doch auf jede Weise, sei es aus Vorwand oder in Wahrheit, Christus verkündigt, und darüber freue ich mich« (Philipper 1,18). Bliebe noch Bob Dylans Frage: Sind wir bereit, wenn Christus erscheint? Johann Fay