Nachahmer Christi

Es war in der Zeit, als noch in vielen Gemeinden für den Gottesdienst dunkle Anzüge und silberne Krawatten »Pflicht« waren. Da kam ein schier hoffnungsloser »Drogi« zu seinem Onkel. Der hatte ihn trotz vielfacher Warnungen aufgenommen. Es war Samstag, und der Gast wurde aufgefordert, am Sonntagmorgen mit zum Gottesdienst zu kommen. »Das kann ich nicht, ich habe nur eine kurze Hose und mein T-Shirt, sonst nichts.« – »Das macht nichts«, sagte der Onkel, »ich zieh dasselbe an.«
Tatsächlich stand der Onkel am nächsten Morgen mit kurzer Hose und einem T-Shirt bekleidet vor dem Bett seines Gastes und forderte ihn auf, zum Gottesdienst mitzukommen. Das war der Anfang einer Totalsanierung dieses Menschenlebens. Der arme, schon stark suizidgefährdete Mann, hatte gemerkt, dass jemand bereit war, seinetwegen seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen. Er hatte gemerkt: Hier war einer, der ihn wirklich lieb hatte.
Diese Geschichte wäre eine gute Nachricht für viele Leute, die verschuldet oder unverschuldet in Nöte geraten sind, über die sie nicht mehr Herr werden können. Ja, wäre ... wenn es genügend solche Helfer gäbe, wie dieser Onkel einer war. Und es wäre auch eine gute Nachricht für solche, die ein schlechtes Gewissen haben, weil sie immer nur an sich selbst denken. Sie könnten dadurch angeregt werden, ihren Egoismus zu begraben und ihre Kräfte und Hilfsmittel zur Rettung Gestrandeter anzuwenden. Beiden Gruppen muss nämlich geholfen werden, wenn aus der Geschichte etwas werden soll.
In unserem Tagesvers fordert uns der Apostel Paulus dazu auf, seine Nachahmer zu werden, wie er ein Nachahmer Jesu Christi war. Paulus und auch wir brauchen Jesus Christus als Vorbild.

Hermann Grabe