Jahrzehntelang hatte man seit dem Beginn der Reformation (1517) darum gerungen, das mittelalterliche Ideal einer katholischen Glaubenseinheit im Deutschen Reich zu erhalten – es war nicht gelungen. So kam man 1555 zu einem Kompromiss, dem Augsburger Religionsfrieden, heute vor 450 Jahren. Glaubensfreiheit gab es allerdings nur für die Fürsten – es gab davon etwa 250 – die bestimmen konnten, welche Konfession ihre Untertanen anzunehmen hatten, die katholische oder die lutherische. Die Todesstrafe für »Ketzer« wurde abgeschafft; der Untertan, der sich seinem Gewissen nach nicht fügen konnte, musste auswandern. Die Anhänger der Reformierten (=Calvinisten) waren von dem Vertrag ausgeschlossen; deshalb gingen die Glaubenskriege in Westeuropa weiter.
Es war ein Kompromiss, der 63 Jahre später den Dreißigjährigen Krieg, den schrecklichsten europäischen Glaubenskrieg, nicht verhindern konnte, bis man endlich einsah, dass man den vermeintlich rechten Glauben nicht mit Gewalt erzwingen kann. Auch bei felsenfester Überzeugung, dem Wort Gottes gehorsam sein zu wollen, gilt dem Andersgläubigen gegenüber das Gebot der Liebe. Zwar ist der biblische Grundsatz unumstößlich, dass es im Blick auf das ewige Leben keinen anderen Retter gibt als Jesus Christus, Motiv und Verhalten der Mission kann aber nur von der Liebe bestimmt werden. Hat ein Mensch durch Jesus Christus den Frieden mit Gott gefunden, wird er auch dem Anders- oder Ungläubigen in Liebe begegnen, denn dieser Friede ist wichtiger und folgenreicher als alle Friedensschlüsse dieser Welt, die religiösen eingeschlossen. Eine Politik und Glauben vermischende Christenheit hat lange gebraucht, dies zu lernen. Gerhard Jordy