Joseph hatte noch sehr viel vor. Er wollte, dass seine Brüder ihn erkannten und zwar nicht nur als den gewaltigen Herrn über Ägypten, sondern als einen, der sie immer lieb gehabt hat. Das ging aber nur, wenn sie einsahen, wie neidisch, herzlos und böse sie gegen ihn gewesen waren. So benutzte er die verschiedenen Notlagen, in die er sie brachte, sie zu einem offenen Schuldbekenntnis zu führen. Dann endlich konnte er zu ihnen sagen: »Ich bin Joseph!« Wie sehr er auf diesen Augenblick gewartet hatte, sieht man daran, wie ihn das Ganze bewegt hat.
Auch Jesus Christus war in erster Linie für das Volk Israel gekommen. Er war »zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel« gesandt, wie er selbst sagte (siehe Matthäus 15,24). Aber sie hatten ihn verworfen. So kam eine fast 2000-jährige Zerstreuung über dieses Volk, doch vergessen hat er sie nie.
Die Bibel sagt, das Volk Israel werde durch viele Leiden geführt, von denen die noch kommenden die grausamsten sein werden. Aber all das geschieht nicht als Rache oder zur Strafe, sondern damit sie zu Gott umkehren und am Ende begreifen, dass Jesus Christus ihr »Verwandter« ist, der unter den Heiden schon von einer großen Schar als Herr und Retter anerkannt wird. Dann werden sie ihn endlich als den verheißenen Messias annehmen, so wie die Brüder am Ende begriffen, wer Joseph war und wie viel Unrecht sie ihm angetan hatten. Da fiel es ihnen überhaupt nicht mehr schwer, sich vor ihm zu demütigen.
Und so geht es auch heute jedem, dem Gott die Augen für die Größe und Liebe Christi und für die Schuld, die er sühnte, geöffnet hat.
Hermann Grabe