Unsere Omas wussten noch, was gut und richtig war. Selbst wenn sie sich oft nicht danach richteten, stand doch fest, dass die Zehn Gebote für alle gelten, und dass Gesetze da sind, um befolgt zu werden. Das ist heute gar nicht mehr so sicher. Man hat sich nämlich einreden lassen, inzwischen klüger geworden zu sein und die Dinge differenzierter betrachten zu können. Man sagt, heute seien die Fortschrittlichen »postmodern«, also über die Modernen hinaus. Und solche Leute sagen nun: Was für den einen gilt, braucht für den anderen gar nichts zu bedeuten. Niemand darf mehr mit absoluten Geboten ankommen, sonst ist er ein Fundamentalist, und die sind alle gefährlich. Und man scheut sich nicht, an die Selbstmordattentäter im Irak zu erinnern.
»Wenn du deiner Frau treu bleiben musst, meinetwegen. Ich hab da andere Vorstellungen.« So ähnlich wird auf allen Gebieten von Moral und Religion argumentiert. Aber glauben das die Prediger solcher Moral wirklich? Erfüllen sie sich damit nicht nur ihre eigenen Wünsche, weil sie nun tun können, was sie gerade lustig finden? Was würden sie zum Beispiel sagen, wenn ihr Automechaniker keine Lust hätte, die Radmuttern fest anzuziehen, oder wenn der Geldautomat nur »Blüten« ausspuckte? Sie würden lauthals genau das verlangen, was ihre Omas früher für selbstverständlich hielten, dass man sich nämlich auf die Einhaltung allgemein gültiger Regeln verlassen können muss.
Wir wollen uns nicht irremachen lassen. Solange Gott lebt, gelten auch seine Gebote, und die Folgen der Nichtbeachtung haben wir zu tragen, ob wir postmodern, modern oder altmodisch sind.
Hermann Grabe