Als Sohn jüdischer Eltern wurde Theodor Herzl 1860 in Budapest geboren. Mit dem Abiturzeugnis in der Hand siedelte er mit der Familie 1878 nach Wien über. Dort studierte er Rechtswissenschaft und promovierte 1884 zum Dr. jur. Als ein antisemitischer Bürgermeister in Wien dafür sorgte, dass die studentische Verbindung, der er angehörte, den Beschluss fasste, fortan keine Juden mehr als Mitglieder aufzunehmen, trat er sofort aus. Er ließ sich als Korrespondent der Wiener Zeitung »Neue Freie Presse« nach Paris schicken und lebte einige Jahre dort. Dabei wurde er Zeuge, wie in einem Schauprozess am 5. Januar 1895 das Fehlurteil gegen den jüdischen Hauptmann Dreyfus wegen Landesverrats gefällt wurde. Unter dem Eindruck der spürbaren antisemitischen Stimmung in Frankreich und in vielen anderen Ländern reifte in ihm die Sicht, dass für Juden nur in einem eigenen Staatswesen ein sorgenfreies Leben möglich wäre. Als geeignetes Land bot sich Palästina an. Die Gedanken bewegten ihn immer mehr. Er fasste sie schließlich in dem Buch »Der Judenstaat« zusammen. Von führenden jüdischen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und dem Finanzwesen erfuhr er zunächst nur wenig Zustimmung. Ein eigener Staat – und das in dem unterentwickelten Palästina – war unvorstellbar! Dieser Herzl ist meschugge! Doch ihm war bekannt, wie Juden traditionell den Pessach-Seder mit dem Wunsch beenden: »Nächstes Jahr in Jerusalem!« Sie sprachen es Jahr für Jahr wie eine Formel aus, konnten aber nicht glauben, dass das für sie jemals möglich sein würde.
Für Theodor Herzl hatte die Bibel keine große Bedeutung. Er wurde aber doch zu einem Werkzeug, das Gott zur Verwirklichung seiner Pläne und zur Erfüllung seiner Verheißungen gebrauchen konnte. Eberhard Liebald