Die offizielle Neckarquelle ist nach verschiedenen Bauarbeiten nur noch eine sogenannte »symbolische Quelle«. Aus einer Steinwand heraus fließt das Wasser über eine Rinne in ein Bodenbecken und von dort weiter durch das zunächst von Menschenhand vorgegebene Flussbett. Ein bekannter Radweg führt an dieser Quelle vorbei.
Auch wir machten dort Rast und verhielten uns wie die meisten anderen Radfahrer. Wir machten Fotos und nahmen, bevor die Tour weiterging, einen kräftigen Schluck Wasser aus unseren mitgebrachten Wasserflaschen und kauften etwas Erfrischendes im Kiosk nebenan.
Irgendwie seltsam, oder? Da steht man an einer frischen, sauberen Quelle, aber statt daraus zu trinken, dient sie lediglich noch als Fotomotiv, als eine von vielen Stationen entlang unseres Weges.
Manchmal gehen wir mit Gott genauso um. Anstatt aus ihm, der »Quelle lebendigen Wassers«, zu trinken, anstatt im Gebet und im Lesen seines Wortes neue Kraft zu schöpfen, uns jeden Tag erfrischen zu lassen für das, was uns noch auf unserer »Tour des Lebens« begegnet, ist Gott häufig nur noch ein Symbol für uns. Die Bibel, die wir zu unserer Firmung, Konfirmation, zum Abschluss der Sonntagsschule oder zur Hochzeit erhalten haben, steht wie ein Foto mehr oder weniger unbenutzt im Regal. Wir zwängen Gott in unser »Flussbett« hinein und erlauben ihm, nur dort zu sein, wo es uns passt. Wir geben die Grenzen vor.
Wir sollten aber bedenken: Je mehr wir Gott in unsere Vorstellungen hineinzuzwängen versuchen und ihn zu einem Fotomotiv bei bestimmten festlichen Anlässen degradieren, desto mehr berauben wir uns selbst seiner lebensverändernden, erfrischenden und tragenden Kraft. Steffen Rosenkranz