Da nahm Hiskia den Brief ... Und Hiskia betete vor dem HERRN: ... HERR, unser Gott, rette uns doch ... damit alle Königreiche der Erde erkennen, dass du, HERR, allein Gott bist!
2. Könige 19,14-19
In den 1960er Jahren hatte mein damaliger Arbeitgeber ein mittelgroßes Finanzinstitut aufgekauft. Unerwartet bekam ich – der junge Bankkaufmann – den Auftrag, die Strukturen dieser Tochterfirma vor Ort kennenzulernen. Ich wurde innerhalb der Abteilungen »weitergereicht«. Unvergesslich bleibt mir die Zeit mit dem Leiter der Reklamationsabteilung. Er litt sehr darunter, mit seinem kleinen Team fast ausschließlich Beanstandungen zu bearbeiten. Er las und hörte nur Negatives – bis hin zu persönlichen Angriffen – und bekam niemals Lob. »Ich sehe nur Beschwerden«, klagte er.
Ich wollte ihn so gern ermutigen und versuchte ihm zu zeigen, wie wertvoll sein Dienst für die ganze Firma war. Denn weil er die Reklamationen so professionell bearbeitete, waren die Kundenbeziehungen anschließend wieder überwiegend intakt. Es tat diesem Mann gut, sein Herz bei jemandem auszuschütten, der von außen auf die Situation blickte.
Mich machte dieses Erlebnis nachdenklich: Kommt es mir in meinem Alltag nicht auch manchmal so vor, als ob ich »nur Beschwerden sehe«? Wird nicht auch bei mir an jedem Tag so vieles abgeladen, was nicht positiv ist? Statt Lob Vorwürfe, statt Wertschätzung Ungerechtigkeit. Da kann man zu Recht schon mal denken: »Ich sehe nur Beschwerden.« Wie gut, dass ich bei Gott mein Herz ausschütten kann, bei jemandem, »der von außen auf die Situation blickt«.
König Hiskia (siehe 2. Könige 19) erhält schriftlich die Kriegserklärung eines übermächtigen Herrschers. Wem schüttet er sein Herz aus? Was macht er mit seiner Not? Er legt den Brief – im wahren Wortsinn – Gott vor. Damit drückt er aus: Ich weiß nicht weiter, ich kann nicht mehr, ich sehe nur Sorgen (»nur Beschwerden«). Hilf mir! Und Gott hilft – natürlich!
Klaus Spieker