Felix hatte nicht nur eine bemerkenswerte politische Karriere vom Sklaven zum Statthalter gemacht. Auch wegen seiner Liebesgeschichten beneideten ihn viele. Er war nacheinander mit drei Königstöchtern verheiratet. Eine davon war die im obigen Bibeltext genannte Drusilla. Sie war die Schwester des Königs Herodes Agrippa II. und eine Urenkelin von Herodes dem Großen. Der Geschichtsschreiber Josephus schreibt über sie, dass sie sich »durch hohe Schönheit auszeichnete«. Felix – so Josephus – hatte sie kaum gesehen, »als er auch schon in heftiger Liebe zu ihr entbrannte«. Nun gab es allerdings ein Problem, das einer Beziehung der beiden im Weg stand: Drusilla war schon verheiratet. Ihr Mann war Azizus von Emesa, der zum Judentum übergetreten war, um Drusilla heiraten zu können. Der Name Drusilla bedeutet »Schwalbe«. Wie eine Schwalbe flog sie nun von einem zum anderen in der Hoffnung, bei Felix das größere Glück zu finden. Dass sich die beiden damit vor Gott und Menschen schuldig machten, wird ihnen wahrscheinlich im Überschwang der Gefühle egal gewesen sein.
Felix ließ also den Gefangenen Paulus kommen, um mehr über den Glauben an Christus zu hören. Für Paulus hätte dies eine Gelegenheit sein können, sich bei seinem irdischen Richter einzuschmeicheln. Das tat dieser treue Diener Gottes jedoch nicht. Stattdessen redete er über »Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das kommende Gericht«. Wie bemerkenswert! Als Paulus über Gerechtigkeit sprach, werden Felix seine zahlreichen Willkürhandlungen und Grausamkeiten eingefallen sein. Mit Enthaltsamkeit wird Paulus zum Beispiel gemeint haben, dass nicht jede sexuelle Regung ausgelebt werden darf, weil die Gebote Gottes und die Rechte des Nächsten dabei zu beachten sind.
Gerrit Alberts