Der römische Philosoph Seneca (1. Jh. n.Chr) hat in seiner Schrift »De brevitate vitae« die Klagen über die Kürze des Lebens zurückgewiesen. Unser Leben - meinte er - sei nicht kurz, sondern wir machten es kurz, indem wir unsere Lebenszeit an Dinge verschwenden, die nicht der Mühe wert sind.
Nun sind »kurz« und »lang« relative Begriffe. Doch stimmen wir Seneca sicher zu, dass vieles von unserer Lebenszeit nutzlos vertan, ja vergeudet wird. Wir hecheln manchmal durch unser Leben und fragen gar nicht mehr, ob es das wert war. Die Gefahr, in diese Falle zu gehen, ist groß. Selbst das Organisieren von Freizeit zielt auf fortwährende Betriebsamkeit ab. Sport, Reisen und dergleichen, verwandeln unser Leben in eine Kette von Events.
Der Martha in Bethanien ging es auch so. Dass Maria, ihre Schwester, sich einfach hinsetzte und Jesus zuhörte, provozierte sie. Weil ihre Schwester nicht so handelte wie sie, sah sich Martha in Frage gestellt. Sie wollte wohl »den Laden schmeißen« und dabei unterstützt werden. Weil Maria ihrer Meinung nach nur faul herumsaß, wurde sie ärgerlich. So suchte sie Unterstützung bei Jesus, der freundlich aber bestimmt ablehnte.
Viel Arbeit zu haben, ist oft unser Schicksal. Wenn wir uns aber darauf etwas einbilden und uns über andere erheben, um unser Image zu verbessern, ist das ein höchst fragwürdiger Zustand. Natürlich müssen Menschen arbeiten. Das gebietet Gott sogar. Aber noch wichtiger ist es, sich durch Gottes Wort belehren zu lassen. Nur da erfahren wir, was der wahre Sinn unseres Lebens ist.
Wir arbeiten also nur um zu leben; aber wir leben nicht, um zu arbeiten. Karl-Otto Herhaus