Als Konrad III. um 1140 die feste Stadt Weinsberg erobern und die Bürger der Stadt bestrafen wollte, gewährte er den Frauen freien Abzug. Das hieß, sie durften ungehindert gehen und das mitnehmen, was ihnen das Liebste war. Als sich das Tor öffnete, kamen die Frauen heraus und jede trug ihren Mann auf dem Rücken. Das rührte den Konrad dermaßen, dass er den Männern das Leben schenkte und der Stadt die Zerstörung ersparte. Noch heute heißt die Ruine über der Stadt »Weibertreu«.
In dieser Geschichte erlebten tatsächlich die Barmherzigen, dass sie Barmherzigkeit erlangten, nämlich die Frauen.
Dass solche Barmherzigkeit in dieser Welt oft nicht vergolten wurde, zeigt die Geschichte des Mennoniten Dirk Willems. Es war um 1540, also zu der Zeit, als diese sogenannten Wiedertäufer erbarmungslos umgebracht wurden. Dirk Willems war auf der Flucht vor seinen Henkern über das dünne Eis eines Kanals bei Asperen entkommen. Als der Wachmann, ihm folgte, brach das Eis, und Dirk Willems kehrte um und rettete ihn vor dem Ertrinken. Das sah der Bürgermeister und forderte den Wachmann auf, den Unschuldigen gefangenzunehmen, sonst käme er selbst auf den Scheiterhaufen. Der aber war völlig außerstande, Dirk Willems festzuhalten. Weil die Barmherzigkeit Gottes den frommen Mennoniten erfüllt hatte, blieb er freiwillig bei dem Wächter stehen, wofür ihm allerdings keine Barmherzigkeit zuteil wurde, wie den Männern von Weinsberg. Er wurde verbrannt.
Da wäre also von Glückseligkeit keine Spur, wenn mit dem Tod alles vorbei wäre. Doch welch einen Empfang wird Gott allen bereiten, die um der Barmherzigkeit willen leiden müssen!
Hermann Grabe