Joseph wuchs in ziemlich zerrütteten Verhältnissen auf, die alle dazu angetan waren, dass auch aus ihm nichts Rechtes werden konnte. Seine Mutter war die Lieblingsfrau seines Vaters und er ihr Erstgeborener. Schon das sorgte für Neid und Ablehnung vonseiten seiner zehn älteren Brüder, die von den drei anderen Frauen Jakobs stammten.
Und was waren das für Leute! Voller Rachsucht und Habgier hatten sie beim Überfall einer Stadt alle Männer ermordet und die Frauen und Kinder als Sklaven verkauft. Sie waren von gnadenloser Kaltschnäuzigkeit, die fast vor nichts zurückschreckte. Diese Leute waren Josephs Umgang und Lehrmeister. Ihnen musste er als Hirtenjunge dienen.
Das erinnert an den Herrn Jesus Christus, der auch in einer Umwelt aufwuchs, von der nichts Gutes zu erwarten war und von der viele auch nichts Gutes erwarteten. Das ganze Volk Israel glich mit seinen erstarrten religiösen Formen, mit seiner praktischen Gottlosigkeit und seiner Knechtung unter die römische Herrschaft dem »dürren Erdreich« aus unserem Tagesspruch. Darüber hinaus wohnte er nicht in Jerusalem, sondern in Nazareth in Galiläa. Selbst ein frommer Jude sagte einmal: »Was kann aus Nazareth Gutes kommen?«
Und doch, als Gottes Zeit gekommen war, sandte er seinen Sohn in diese heilsbedürftige Welt, und zwar an einer Stelle, die man für gänzlich hoffnungslos verloren hielt. Umso heller leuchtete dann aber das Licht seiner moralischen Reinheit und Größe.
Wir selbst mögen in heillosen Umständen aufwachsen. Das kann die Versuchung nahe legen, sich ebenfalls treiben zu lassen. Gott aber fragt nach der Verantwortung jedes Einzelnen. Und er gibt auch Kraft zur Bewährung.
Hermann Grabe