Ein Bekannter von unserer Familie berichtete von einem Arbeitskollegen, der sich das Leben nehmen wollte. Diese Absicht verkündete er in einer E-Mail allen seinen Bekannten. Sofort startete eine verzweifelte Suchaktion. Schließlich wurde der Mann von seinem Sohn in einem Waldstück gefunden. Glücklicherweise war er nicht tot, weil er im letzten Augenblick reflexartig nach dem Strick gegriffen und so seinen Tod verhindert hatte. Er war aber doch schwer verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Mein Bekannter berichtete, wie schlecht er sich nach dieser Nachricht gefühlt hatte. Er wusste, dass sein Kollege schwermütig war und viele Probleme hatte. Trotzdem hatte er ihm nie etwas von dem erzählt, was seinem eigenem Leben Sinn und Freude gab. Es tat ihm leid, wenn er daran dachte, wie viele Arbeitspausen er schon mit seinem Kollegen verbracht hatte, in denen immer nur über mehr oder weniger Belangloses geredet wurde. Das Wichtigste aber – der Sinn des Lebens, die Frage nach Gott und dem Leben nach dem Tod – war einfach nie zur Sprache gekommen. Aber zum Glück lebte der Kollege noch und mein Bekannter besuchte ihn im Krankenhaus, wo sie nun tatsächlich allen Smalltalk beiseiteließen und über die wichtigen Fragen des Lebens redeten.
Ist es nicht traurig, wie wenig wir oft von Nöten unserer nächsten Mitmenschen wissen? Und dass oftmals die existenziellen Fragen, die doch jeden von uns beschäftigen, in unseren Gesprächen nicht zur Sprache kommen? Seien Sie anders! Klammern Sie wichtige Themen nicht aus und geben Sie sich nicht mit oberflächlichen Antworten zufrieden.
Anna Schulz