Wenn man einen Löwen und ein Lamm auf einer Wiese aussetzt, dann wird man nicht lange zu warten brauchen, bis das Lamm verschwunden und der Löwe satt ist. Wie kann man das verhindern? Klar, man sperrt den Löwen in einen stabilen Käfig ein und lässt das Lamm frei laufen. Man hindert zwar durch den Käfig den Löwen am Lämmerfressen; aber man ändert durchaus nicht sein Verlangen danach.
So geht es auch uns Menschen. Weil wir so böse zueinander sind, haben wir viele Gesetze geschaffen, sodass auch die »Lämmer« unter uns einigermaßen sicher sind. Diese Gesetze sind der Käfig für die vielen Löwen unter uns. Leider werden die Menschen immer leichtfertiger und bauen die Käfige entweder immer weitmaschiger oder mit immer dünneren Stäben. Einigen Löwen gelingt es, durch die Maschen zu schlüpfen, und anderen, die Stäbe auseinanderzubiegen. Gewöhnen können sie sich ans Bravsein nicht, einerlei, wie lange sie »hinter Gittern« saßen.
Sie müssten erst eine andere Gesinnung, ein anderes »Herz«, bekommen. Das gilt für uns Menschen alle. Gott will jedem dieses neue Herz, diese neue Gesinnung, schenken, der ihn aufrichtig darum bittet, weil er eingesehen hat, dass er sich selbst nicht verbessern kann. Wäre das nicht großartig, wenn wir hier, ohne von Gesetzen bedroht zu werden, so miteinander umgingen, dass jeder an jedem seine Freude hätte? Wenn alle Eheleute sich lieb hätten und alle Kinder ihren Eltern folgten und es keine Diebe und Betrüger mehr gäbe?
Gott will seinen Leuten dazu verhelfen. Vollkommen wird das leider erst im Himmel sein. Aber dahin kommt man nun einmal nur mit dem erwähnten »neuen« Herzen.
Hermann Grabe