Vor genau 100 Jahren einigte man sich auf ein für alle Schiffe gültiges Seenotzeichen. Weil die Engländer die Meere beherrschten, war es natürlich ein englisches Kürzel: SOS – Save Our Souls! – Rettet unsere Seelen! Es eignete sich auch gut für die damals vorherrschende Morsetelegraphie, weil es leicht zu lernen war: … _ _ _ …! Das konnte man auch blinken oder klopfen. Manchem hat es das Leben gerettet, wenn ein Taucher in gesunkenen Schiffen hörte: … _ _ _ …!
»Rettet unsere Seelen!« Müssten wir Menschen das nicht alle rufen angesichts der Tatsache, dass wir uns von Gott, der Quelle des Lebens, entfernt haben und uns auf Kollisionskurs mit seiner Gerechtigkeit befinden? Was soll das geben, wenn wir mit ihm zusammenprallen? Aber nicht nur jeder Einzelne, sondern die ganze Welt gleicht einem untergehenden Schiff. Da helfen alle Mut machenden Parolen nichts und auch kein »positives Denken«. Wer die Zeichen der Zeit nicht wahrnimmt, kneift die Augen fest zu. Aber das war noch nie eine hilfreiche Methode. »Vogel-Strauß-Politik« nennt man so etwas wohl, und man kennzeichnet damit nicht nur Dummheit, sondern auch Verantwortungslosigkeit. Besser ist es, wir sehen den Tatsachen ins Auge und senden SOS, damit der Einzige, der helfen kann, uns hört. Die biblische Version von SOS lautet: »Gott sei mir Sünder gnädig!« Wer das ernsthaft ruft, wird erhört und gerettet, mag auch sonst alles untergehen.
Das klingt so hoffnungslos, ist es aber nur für die, die meinen, kein SOS, keine Rettung, nötig zu haben.
Hermann Grabe