Wer schon einmal im Herbst durch einen Weinberg gegangen ist, der hat die vielen großen und kleinen Trauben zwischen den Blättern hervorleuchten sehen. Sie hängen an den Zweigen des Weinstocks, an den Reben.
Was haben eigentlich die Reben dazu beigetragen, dass die schönen Trauben an ihnen wachsen? Haben sie irgendetwas fabriziert, irgendeine Tätigkeit ausgeführt? Nein, sie haben nur eins gemacht. Sie sind am Weinstock geblieben, einerlei, wie schwer die Trauben sie nach unten gezogen haben; einerlei, wie kurz sie der Weinbauer abgeschnitten und um wie viele ihrer Blätter er sie gebracht hat; einerlei, ob sich die Vögel frech an ihnen festgehalten haben, wenn sie ihre Weinbeeren stahlen. Die Reben blieben am Weinstock. Das war ihre Aufgabe, das war ihre Bestimmung. Dann konnte der Saft des Weinstocks in ihnen hochsteigen und Knospen, Blüten und Früchte wachsen lassen. Und nur weil sie sich so verhalten haben, tragen sie nun die vom Winzer begehrten Früchte.
Sehen wir uns unseren Tagesvers an, so sehen wir, dass es Christen genauso mit Christus machen sollen, wenn sie brauchbar für ihn sein wollen und wenn die Menschen um sie herum etwas von der Gesinnung Jesu Christi bei ihnen erfahren sollen. Zu diesen Früchten gehören Liebe, Freude, Friede, Freundlichkeit, Gütigkeit und Treue.
Natürlich kann die Rebe nicht von sich aus den Weinstock loslassen. Insofern hinkt das Bild; denn wir Menschen können sehr wohl Jesus aus den Augen verlieren. Aber dann sind wir so unnütz wie abgeschnittene Reben. Das merken unsere Familienglieder sehr schnell, und die Nachbarn bald danach auch. Leider merken wir selbst es erst, wenn wir schon viel Schaden angerichtet haben.
Hermann Grabe