Vor einigen Wochen hatte man ihren Mann begraben, und nun saß die junge Frau mit ihrem kleinen Sohn allein da. Als der Schmerz wieder einmal zu groß wurde, musste sie weinen. Der kleine Junge merkte das, schlang seine Arme um ihren Hals und sagte: »Mama, du hast doch mich!« Das war ein mächtiger Trost für sie, obwohl das Kind selbst mehr Hilfe brauchte als sie selbst. Aber sie begriff auf einmal, welch hohen Beruf sie hatte. Sie musste diesen kleinen Schatz so erziehen, dass er den Gott seines Vaters kennenlernte und damit ein Mensch aus ihm würde, an dem Gott und Menschen ihre Freude haben würden. Nichts ist für Trauernde und Verzagte hilfreicher, als wenn sie sich aufraffen und eine sinnvolle Aufgabe für sich erkennen und sie dann auch mutig anpacken.
Auch wenn man keinen so einschneidenden Verlust erlitten hat wie diese junge Frau, kann es geschehen, dass man plötzlich keinen Sinn mehr im Leben sieht. Alles erscheint grau in grau, und der alltägliche Trott frisst allen Mut, alles Vorwärtsstreben auf. Das mag gesundheitliche Ursachen haben, oder man neigt von seinen Anlagen her zu Trübsinn und Schwermut. Darunter leidet man natürlich nicht allein. Über allen, die es mit einem solchen Menschen zu tun haben, hängt auch bald der schwarze Sack der Schwermut.
Wie schön wäre es in solchem Fall, wenn sich ein so vom Leid Geplagter aufraffen könnte, eine richtig großartige und interessante, vielleicht aber auch mühsame Arbeit auf sich zu nehmen, die aber mit Gottes Hilfe für viele von großem Nutzen ist. Dann geht nicht nur für ihn, sondern auch für alle rings um ihn her wieder die Sonne auf. Gott hat genug Aufgaben für jeden.
Hermann Grabe