Auf dem Weg zur Großmacht stand den Römern lange Zeit die Stadt Alba Longa im Wege. Es gab viele verlustreiche Kriege. Schließlich einigte man sich darauf, dass von jeder Partei fünf Krieger gegeneinander kämpfen sollten, um den Sieger zu ermitteln.
Nach kurzer Zeit waren vier Römer erschlagen, nur einer war noch ganz heil. Die aus Alba Longa lebten noch alle, sie waren aber alle unterschiedlich schwer verwundet. Der Römer floh, und die fünf Verletzten verfolgten ihn. Dabei liefen die Gesundesten natürlich am schnellsten. So zog sich die Kette der Verfolger auseinander. Plötzlich kehrte der Römer um und erschlug einen der Verfolger nach dem anderen, weil alle nicht voll kampffähig waren. Sie hatten sich verleiten lassen, das Band der Solidarität, des gemeinschaftlichen Füreinander-Einstehens aufzugeben. Das war ihr Untergang.
In unserer Zeit lösen sich solche Bande der Partner- und Familienzusammengehörigkeit zusehends auf, weil die Menschen meinen, besser voranzukommen, wenn sie keine Rücksicht mehr nehmen. Dabei wird vergessen, dass wir alle - wie die von Alba Longa - angeschlagene Kämpfer sind und sehr wohl die Unterstützung anderer brauchen.
Unser Tagesvers sagt uns, dass Gott die Solidarität mit unserem »Bruder« erwartet, und darauf - nicht auf Rivalität - hat Gott seinen Segen verheißen. An einem Tag sind wir vielleicht die Stärkeren; aber morgen können wir schon hilfsbedürftig sein, und von Gottes Erbarmen hängen wir sowieso zu jeder Zeit ab. Und er hat seine Solidarität bewiesen, als er seinen Sohn für uns leiden und sterben ließ.
Hermann Grabe