Das Lied »Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei! Nach jedem Dezember folgt wieder ein Mai!« konnte man während und nach dem 2. Weltkrieg oft hören. Es sollte als Aufmunterung dienen, und die war wohl zu gebrauchen! In das zerbombte und hungrige Westdeutschland kamen noch 15 Millionen meist völlig mittellose Flüchtlinge und Vertriebene aus Ostdeutschland. Doch die Aufbruchsstimmung war damals erstaunlich groß und brachte bald das »Wirtschaftswunder« zustande. Jetzt geht es uns viel, viel besser; aber es gibt heute bei uns eine große Anzahl von Menschen, die auf keinen neuen Mai für sich persönlich hoffen mögen. Statt Mut beherrschen Zorn, Ratlosigkeit und Selbstmitleid die Szene.
Ob die schwere Zeit des Wiederaufbaus wohl die letzte große Chance war, die Gott dem deutschen Volk nach den Gräueln der Nazis gegeben hat, zu ihm zurückzukehren? Wenn das so wäre, ginge es jetzt nur noch in den letzten Dezember hinein, auf den kein Mai mehr folgen wird.
Das bedeutet aber nicht, dass die Einzelnen jetzt nicht mehr aufgeweckt werden könnten. Solange wir leben, können wir Gottes Gnade erbitten, und er will gern Frieden mit uns schließen. Allerdings verlangt seine Heiligkeit und absolute Gerechtigkeit, dass dies nach seinen Regeln geschieht und nicht nach unseren Vorstellungen, ganz abgesehen davon, dass wir die Bittsteller sind und nicht Gott.
Möchten doch noch viele erkennen, dass wir nur als demütige Bittende zu ihm kommen dürfen. Dann wird er uns alle Schuld erlassen und uns einen unvorstellbar schönen »Mai« erleben lassen. Der wird dann in alle Ewigkeit in Gottes Reich gefeiert werden.
Hermann Grabe