Heute kommt noch einmal eine Geschichte aus dem alten Russland, die uns zeigt, was wahre Liebe bewirken kann.
Wieder geht es um eine Schlittenfahrt im Winter. Vorne saß die Familie und hinten stand ein riesiger, schwerer Waschzuber aus dicken Eichenbrettern. Und wieder kamen die Wölfe. Als der Vater merkte, dass er die Raubtiere nicht abschütteln konnte, kroch er in den schweren Eichenbottich und wälzte sich mitsamt dem Gefäß vom Schlitten. Die Wölfe ließen von dem Gefährt ab und machten sich über den Bottich her, den sie aber nicht umwenden konnten. So entkam die Familie sicher in den Heimatort, wo sie gleich die Nachbarn um Hilfe riefen. Sie vertrieben die Wölfe und befreiten den Bauern aus seinem zwar sicheren aber doch ungemütlichen und eisig kalten Gefängnis.
Hier hatte der Vater sein Leben riskiert für seine Lieben, so wie es unser Tagesvers beschreibt. Auch diese Geschichte hält uns einen Spiegel vor die Augen. Sind wir auch bereit, unser Leben für andere einzusetzen? Das muss ja durchaus nicht den Tod bedeuten. Auch wenn wir auf das verzichten, was uns Spaß macht, leben wir nicht mehr für uns, sondern setzen unsere Zeit, unser Geld, unsere Fantasie für unsere Lieben ein.
»Ja«, mag da mancher denken, »und wann komme ich einmal an die Reihe?« Für wen das ein wirkliches Problem ist, dem kann ich nur raten, es einmal mit unserem Tagesvers zu versuchen. Man muss dann zwar auf manches Liebgewordene verzichten, gewinnt aber große Freude darin, die anderen glücklich zu sehen. Das entschädigt schon für vieles. Vor allem aber ruht das Wohlgefallen des allerhöchsten Gottes auf uns, wenn wir es um seinetwillen tun.
Hermann Grabe