Ein kleines Mädchen kam einmal in eine Familie, bei der vor dem Essen ein Tischgebet gesprochen wurde. Das Kind fand das sonderbar und sagte: »Bei uns wird nicht gebetet; aber das Essen schmeckt genauso gut, und sonst passiert auch nichts.«
Recht hat sie. Äußerlich sieht man zunächst nichts; aber wenn man Gott als Geber aller Gaben zu danken versäumt, hat man - meistens ohne es zu ahnen - eine schwerwiegende Entscheidung gefällt: Man will ohne ihn auskommen. Man meint, ihn nicht zu brauchen, obwohl doch alle guten Gaben allein von ihm kommen, ja, jeder Atemzug von ihm abhängt. Diese innere Loslösung von den Wurzeln unserer Existenz, von dem Urgrund allen Seins, ist schon Strafe genug. Dass Gott sich diese Haltung nun schon Tausende von Jahren gefallen lässt, sollte niemanden in dieser Haltung bestärken. In der Bibel steht, dass Gott noch immer den Menschen Gelegenheit zur Umkehr anbietet und deshalb auf eine endgültige Abrechnung bisher verzichtet hat.
In den »Sprüchen« steht in Kapitel 15, Vers 27: »Wer der Habsucht frönt, zerrüttet sein Haus.« Da liegen die Dinge ähnlich: Die Habsucht scheint sich eine Zeit lang zu lohnen, doch die Entfernung von Gott, dem großzügigen Geber, wirkt sich katastrophal auf den Habsüchtigen aus. Er verliert sich immer tiefer in die Finsternis der Gottesferne. Zuerst richtet er seine Mitmenschen zugrunde, dann schließlich sich selbst. Und so geht es mit allem, was wir ohne oder sogar ausdrücklich gegen Gott unternehmen.
Doch bis zu dieser Stunde lädt Gott seine Menschen ein, zu ihm zurückzukehren. Er will uns allen wahre Freiheit schenken und unsere Schuld vergeben, wenn wir ihn darum bitten.
Hermann Grabe