Ein berühmter Rechenkünstler hat seinen großen Auftritt. Mit den verschiedensten mathematischen Tricks begeistert er sein Publikum. Was ihn besonders auszeichnet, ist seine Fähigkeit, die kompliziertesten Rechenaufgaben - ohne Taschenrechner - im Kopf auszurechnen. Gegen Ende der Veranstaltung fordert er sein Publikum auf, ihm Rechenaufgaben zu stellen, die er sofort lösen werde. Als sich keiner traut, ruft er: »50 Euro für jede Aufgabe, die ich nicht im Kopf rechnen kann!« Immer noch Schweigen. Schließlich meldet sich ein kleiner älterer Mann: »Ein Zug mit 100 Fahrgästen hält an der ersten Station, 23 steigen aus, und 15 steigen ein. An der zweiten Station steigen 30 aus und 27 ein. An der dritten Station steigen 13 aus und 16 ein.« So geht es über 33 Stationen. Der Rechenkünstler nennt nach jeder Station das Ergebnis, aber schließlich scheint es ihm zu dumm. »Ist das alles?«, fragt er gelangweilt. »Ja«, sagt der Alte mit einem verschmitzten Lächeln, »ich möchte wissen: An wie vielen Stationen hielt der Zug?« Da muss der Rechenkünstler passen. »Sehen Sie«, sagte der Alte, »die Aufgabe war zu einfach: Sie hätten nur richtig zuhören müssen.« Der Rechenkünstler hatte sich so sehr auf die Aufgabe konzentriert, dass er die Anzahl der Stationen überhörte, obwohl sie jedes Mal deutlich genannt wurde.
Ähnlich geht es uns Menschen im Blick auf den eigentlichen Sinn unseres Lebens. Wir arbeiten konzentriert und fleißig an vielen Dingen. Aber was ist die alles entscheidende Frage? Auf was kommt es letztendlich an?
Unser Tagesvers macht das sehr deutlich. Den Zugang zum Himmel können wir uns nicht verdienen, den gibt es nur »aus Gnade«.
Günter Seibert