»Der will sicher das Gleichnis vom Senfkorn erzählen«, dachte eine junge Frau, als sie sah, wie der Prediger anfing, jedem etwas Winziges in die Hand zu legen. Als sie an der Reihe war, und ein Reiskorn in die Hand gelegt bekam, dachte sie noch etwas spöttisch: »Na, hat wohl keine Senfkörner auftreiben können, dann hören wir sicher diesmal das Gleichnis vom Reiskorn.«
Dann aber sagte der Prediger, dass jeder Mensch nach vier Wochen im Leib der Mutter so groß wie das Reiskorn sei, das nun jeder in der Hand hielt. Und dann sprach er davon, wie wunderbar doch die Menschen geschaffen seien, und dass in diesem kleinen Wesen schon alles angelegt sei, was den Mann oder die Frau später auszeichnen wird. Jeder Mensch hat von Anfang an alle Begabungen, die sich nur noch entfalten und dann gepflegt werden müssen. Dafür sind anfangs in erster Linie die Eltern verantwortlich, dann aber auch jeder selbst. Oft ist es leider so, dass andere Menschen oder wir selbst uns überfordern. Gott tut das nie, weil er uns durch und durch kennt und weil er uns lieb hat. Er weiß ja, welche Begabungen in unseren Genen aufgeschrieben sind und wo unsere Grenzen liegen, er selbst hat sie festgelegt. Er weiß, was wir leisten können.
Allerdings hat er uns auch die Verantwortung für den Umgang mit unserem Körper und unseren Begabungen übertragen. Und er wird einmal Rechenschaft darüber von uns fordern, was wir damit gemacht haben.
Wir können ihn aber täglich bitten, uns zu helfen, unsere Kräfte richtig einzusetzen, damit wir etwas zu seiner Ehre und zum Nutzen unserer Mitmenschen tun können. So sollten wir uns heute seiner Bewahrung und Hilfe anvertrauen.
Hermann Grabe