»In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz. Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind, es will die Augen schließen und glauben blind!« Diese Liedstrophe stammt aus dem bekannten Lied: »So nimm denn meine Hände und führe mich ...«, geschrieben von Julie von Hausmann, geboren heute vor 182 Jahren. Wie kam sie dazu, ein solches Lied zu verfassen?
Als junge Braut war Julie von Hausmann unterwegs, um ihrem Verlobten, der als Missionar tätig war, nachzureisen. Ihre Hochzeit stand bevor. Endlich legte das Schiff an. Ein Freund des Bräutigams holte sie ab. Er führte sie zu dem kleinen Friedhof der Missionsstation. Hier hatte man vor wenigen Tagen ihren Verlobten begraben. Eine Welt brach für die junge Frau zusammen. In ihrem Schmerz schloss sie sich auf der Missionsstation in ihrem Zimmer ein. Sie weinte Tag und Nacht und schrie zu Gott. - Endlich kam sie zur Ruhe. Die Frucht ihres Ringens um inneren Frieden war das oben zitierte Lied. Sie hatte die Not in ihrer ganzen Härte, das Leben in seiner Unbegreiflichkeit, ja, Gott in seiner scheinbaren Maßlosigkeit in dem, was er zumutet, erfahren. Sie hatte Gott aber auch erkannt als den Herren, dem kein Leid und keine Not Grenzen setzt. So entschloss sie sich, ihm blind zu vertrauen: »Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele, auch durch die Nacht!«
Blind vertrauen, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird? Blind vertrauen, wenn man alles verliert, was man hatte? Blind vertrauen, wenn keine Hoffnung in Sicht ist? Das kann man getrost tun, wenn man akzeptiert, dass Gott alles unter Kontrolle hat. Bodo Ammenhäuser